Der Kaffee wird teurer
Zum ersten Mal seit wir als Vertical Coffee Roasters Anfang 2017 losgelegt haben, erhöhen wir die Preise für unsere Kaffees, welche rund ums Jahr und kontinuierlich erhältlich sind - Brazil Diamond, Big Wall, Breakaway und Queen K - um ca. 10%.
In der Hoffnung, eine Preiserhöhung unseres Basic-Kaffee-Angebots zu umgehen, haben wir im letzten November entschieden, unsere Versandkonditionen auf Anfang Jahr anzupassen und die Logistik effizienter zu gestalten. In den darauffolgenden zwei Monaten haben sich die Ereignisse im Grünkaffee-Markt jedoch überschlagen und zwingen uns zu einer Preisanpassung, wenn wir unsere Rösterei weiterhin kostendeckend führen wollen. Hier gibt's die Hintergründe dafür.
Was ist passiert?
Ihr habt vielleicht bereits aus der breiteren Medienlandschaft erfahren, dass der Rohkaffeepreis stark gestiegen ist: Bereits im zweiten Halbjahr 2024 ist der Arabica Coffee Futures Preis - welcher jahrelang (mit Fluktuationen) bei ca. 1.50 USD/lb gelegen hat - zuerst auf über 2.00 USD/lb gestiegen, um dann im Dezember den historischen Höchstwert aus dem Jahr 1977 von über 3.00 USD/lb zu knacken. Der Preis blieb aber nicht lange dort stehen: Er kletterte munter weiter und überschritt Anfang Februar sogar die 4.00 USD/lb Marke, wo er sich nun eingependelt hat.
Was ist der C-Market und woher kommt dieser Anstieg?
Die "Arabica Coffee Futures" sind grosse Kaufverträge für Rohkaffee (37'500 Pfund pro Vertrag) in einer standardisierten Qualität (etwa man wie sie in durchschnittlichem Supermarkt-Kaffee findet) zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft (zum Beispiel Mai 2025). Diese Verträge werden an der Rohstoffbörse (dem sogenannten "C-Market") in New York von Handelshäusern, grossen Röstereien, Investoren und Spekulanten gehandelt. Neben Angebot und Nachfrage beeinflussen natürlich auch das politische Geschehen, Ungewissheiten und Panik die Preise.
Doch was war die treibende Kraft im plötzlichen Preisanstieg? Dafür gibt es verschiedene Faktoren, allen voran, dass 2023 und 2024 zwei aufeinanderfolgende Jahre der extremen Trockenheit in Brasilien waren und nun bereits die zweite Ernte des weltweit grössten Arabica-Anbaulandes sehr klein ausgefallen ist. Gleichzeitig steigt die Nachfrage stetig und stark - China als traditionelles Teetrinker-Land zum Beispiel hat Kaffee für sich entdeckt - was die Nachfrage anheizt. Dazu kommen politische Dimensionen wie Zölle und Importhürden der USA oder der Europäischen Union mit deren Vorschriften für entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR).
Was bedeutet das alles für Specialty Coffee?
Aber Specialty Coffee hat doch nichts mit Supermarkt-Kaffee und somit nichts mit dem C-Market zu tun, oder? Beim Specialty Coffee geht es ja nur um die Qualität, oder etwa nicht? Nun ja, die Distanz zum C-Market war bis im Jahr 2021 in der Tat sehr gross. Als in jenem Jahr der Frost in Brasilien die Ernte sehr viel kleiner ausfallen liess, und es einen ersten Preis-Schock gab, hatte dieser direkte Auswirkung auf den Specialty Coffee: Da die Marktpreise damals markant anstiegen, brachte das viele Produzenten erstmals in einen Clinch: Sollen sie ihre Ressourcen in selektives Pflücken und bessere Aufbereitung (also bessere Qualität) stecken und diesen Kaffee separat als Specialty Coffee verhandeln und verkaufen oder macht es mehr Sinn, den Kaffee ohne grossen Aufwand an der Börse zu verkaufen? So begannen die kaufenden und verkaufenden Parteien den Marktpreis in ihre Preisverhandlungen miteinzubeziehen, gerade im unteren und mittleren Specialty Coffee Bereich. Specialty Coffee wird heute immer noch anhand der Qualität bezahlt - je besser die Qualität, desto höher der Preis. Aber der C-Market schwingt als Basis der Verhandlungen immer mit.
Höhere Preise als Chance für Produzierende und Kosumierende
Stabile höhere Preise mögen für uns Konsumierende kurzfristig für Unmut sorgen. Für Produzierende können sie aber einen Anreiz schaffen, auch in Zukunft Kaffee anzubauen, statt die Farmen aufzugeben und in der Stadt eine bequemere und oft besser bezahlte Arbeit zu suchen. Was bedeuten würde, dass es in Zukunft weniger (guten) Kaffee gäbe. Höhere Preise werden auch uns vor Augen führen, dass es sich bei Kaffee um ein arbeitsintensives, wertvolles Genussmittel handelt und nicht um einen billigen Koffeinkick. Das Zauberwort für nachhaltiges Planen ist hier aber die Stabilität.
Momentan sind wir aber noch bei einem volatilen und unvorhersehbaren Markt, der für alle Involvierten - von Farmern über Kooperativen, Rohkaffeehändlern und Röstern - seine eigenen Herausforderungen hat. Diese Chaosphase ist für alle schwierig und aufreibend und es wird wohl noch eine Weile dauern, bis sich alle Player entlang der Wertschöpfungskette neu sortiert haben und eine Balance gefunden wird. In der Zwischenzeit heisst es nach vorne schauen und hoffentlich die richtigen Entscheidungen für eine stabile Zukunft zu treffen.
Wir bleiben dran
Wir sind enorm dankbar, euch als geschätzte und treue Kunden zu haben! Wir werden weiterhin unser Bestes geben, um als Rösterinnen unserem Platz in der Wertschöpfungskette gerecht zu werden und dafür zu sorgen, dass ihr auch in Zukunft leckere Kaffees in euren Tassen habt, welche die herausragende Arbeit der Produzentinnen und Farmer im Ursprung widerspiegeln.
Falls ihr es bis hierher geschafft habe und noch Fragen habt, zögert nicht, sie uns zu stellen!
Und wenn ihr euch noch weiter informieren möchtet, gibt es hier unten noch eine gute Zusammenfassung von Philipp von den Kaffeemachern zum Nachschauen